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zehn Jahre Bottropbaer.de

626. Maiabendfest

in Bochum-Harpen

26.04.2014


Am letzten Wochenende im April findet traditionell das Maiabendfest in Bochum statt. Dieses geht auf ein geschichtliches Ereignis zurück, dass - worauf wir Harpener großen Wert legen - seinen Ursprung im Bockholt hat. Auch wenn die Stadt Bochum seit Jahren einen Anspruch auf das Fest erhebt und den Schwerpunkt in die Innenstadt verlegt hat, ist und bleibt es ein Fest der Harpener Bürger. Leider wird diese Veranstaltung nicht mehr so gewürdigt, wie in noch vor zehn Jahren. Der Einmarsch nach Harpen verkommt mehr und mehr zu einer Witzveranstaltung. Früher war der Festumzug durchaus in der Lage mit jedem mittleren Rosenmontagsumzug im Ruhrgebiet zu konkurrieren. Musikkapellen, Mottowagen, vieles erinnerte an einen Karnevalsumzug den man einfach in den April verschoben hatte. Auch die Stimmung am Straßenrand war prächtig, die Kinder gingen mit vollen Plastiktüten - gefüllt mit Bonbons, Popcorn und anderen kleinen Überraschungen nach Hause. Früher gab es im Bockholt am Bierzelt sogar soetwas wie eine kleine Kirmes. Kinderkarussell und Schießbude, Süßigkeitenstand, Losebude und natürlich war für das leibliche Wohl bestens gesorgt. Auch das wurde in dem Moment immer weniger, in dem sich die Marketinggesellschaft der Stadt Bochum darauf besonnen hat, etwas mehr für das Image und die Brauchtumspflege zu tun und vor fünf Jahren damit begann, das Augenmerk in die Innenstadt zu verlegen. Musikbühnen, mittelalterlicher Bauernmarkt und vieles mehr. Das die Marketinggesellschaft allerdings noch nicht einmal in der Lage ist, auf dem großen Kirmesplatz eine vernünftige Osterkirmes abzuhalten, steht zwar auf einen anderen Blatt, zeigt aber, dass man viele Projekte anstossen, aber sie nicht vernünftig durchführen kann.

Die Harpener ihrerseits waren über diese Verlagerung ihres Festes keineswegs glücklich und mittlerweile  - das konnte man auch der Presse entnehmen - gehen selbst die treuesten Sponsoren den Veranstaltern von der Fahne. Das Maiabendfest gehört nach Harpen und dies haben die Bochumer Bauern durch ihren Diebstahl der Eiche, die vom Junggesellenhauptmann im Bockholt ausgegraben wird, noch einmal besonders unterstrichen. Am Samstag, als die Abordnung anstatt der Eiche eine Birke vorfand und diese anstelle der Eiche als Pfand für die eigentliche Gabe ausgegraben werden musste, sorgte das schon für eine gewisse Verstimmung. Musste doch der ganze Tross nochmals vor dem Amtshaus in Harpen stoppen und der Junggesellenhauptmann zum zweitenmal die Schaufel auspacken, um die Birke gegen die Eiche auszutauschen. Danach wurde die Delegation verabschiedet, der in Harpen im Amtshaus beheimatete BSV Harpen blieb mit seinem Fanfarenchor zurück und nahm nicht am weiteren Ausmarsch, der seinen Höhepunkt mit dem Festumzug auf dem Boulevard fand, teil. Die Harpener feierten ihr eigenes Fest im Bierzelt am Bockholt...


Der Legende nach stiftete Graf Engelbert III. von der Mark dieses Fest, weil die Bochumer Bürger ihn bei der großen Dortmunder Fehde (1388 bis 1389) unterstützt hatten. Die Bochumer Jungs brachten das von den Dortmundern gestohlene Harpener Vieh zurück, da sie den Harpener Bauern im Falle eines Angriffes Hilfe versprochen hatten. „Junge, do kass di drop verloten!“ soll der Schultheiß der Bochumer zum Sprecher der Harpener gesagt und daraufhin ein Dutzend Männer auf die Jagd nach den Dortmundern geschickt haben, die das Vieh zurückholen sollten. Dies gelang ihnen angeblich durch eine List, und zwar dadurch, dass sie mit lautem Pfeifen die in einer Hütte rastenden Dortmunder in den Glauben versetzten, sie würden angegriffen, woraufhin die Dortmunder panisch aus der Hütte flüchteten und das Vieh zurückließen. Aus dieser Legende stammen sowohl der Zusatz „Junge, da kannst dich drop verloten“ aus dem „Bochumer Jungenlied“, als auch der Pfiff am Ende des Liedes. Angetan von dem Mut der Bochumer erlaubte er daraufhin den Bochumer Junggesellen am Vorabend des 1. Mai aus den gräflichen Waldungen im Bockholt im Stadtteil Bochum-Harpen eine ausgewachsene Eiche abholzen zu dürfen. Diese wurde daraufhin jeweils von einem reichen Bochumer ersteigert und die Bürger sollten davon ein Fest ausrichten.


Seit einer Neuausrichtung des Festes 2010 findet auf dem Boulevard ein Jahrmarkt statt. Zum 625. Jubiläum 2013 wurde zwei Stahltafeln eingeweiht, die das alte Stadttor "Becktor" symbolisieren sollen. Diese sogenannte Beckporte hat in der Tradition die Bedeutung das die Maischützen vor Sonnenuntergang hier wieder nach Bochum eingezogen seien müssen. Ebenfalls  2013 wurde ein kleines stadtgeschichtlices Museum an der Großen Beckstraße eingeweiht.


Dieser Hauptteil des Festes erfolgt so: Nach der Sammlung auf dem Rathausvorplatz erfolgt der Auszug durch die Beckporte in Richtung Harpen. Hier, im Bockholt findet ein Festakt sowie das Ausgraben der Eiche durch den Junggesellenhauptmann und die Junggesellen statt. Diese Eiche wird auf den Schultern der Junggesellen zurückgetragen. Auf dem Hin- und Rückweg kommen weitere Festgruppen zu dem Zug, eine komplette Sammlung aller Beteiligten erfolgt auf dem Kirmesplatz an der Castroper Straße. Danach zieht der gesammelte Festzug durch die Beckporte wieder in die Stadt ein und über die Kortumstraße zum Denkmal des Grafen Engelbert III. Von dort erfolgt der Abschuß auf dem Boulevard mit einem Festakt und dem Verkauf des Baumes. (Quelle Wikipedia).


Wir als Nachbarn des Amtshauses sind natürlich stetig freiwillig oder auch unfreiwillig live dabei. Das mag manchmal recht nervig sein, wenn mal wieder keine Parkplätze vor Ort zu finden sind, weil die Schützen Veranstaltungen oder Übungen abhalten und dabei einen das Trommeln und Pfeifen gepflegt auf den Sack geht, so mancher Nachbar entnervt über Maischützen das Weite sucht. Aber wir wussten, auf was wir uns eingelassen haben, als wird an den Harpener Hellweg zogen. Dort oder auch auf der Maischützenstrasse gibt es kein Entrinnen vor den feierwütigen, den Harpener Hellweg ausmessenden, Schützen. Mein Stiefvater war ja auch mal einer von Ihnen, nur das haben sie vergessen. Keine Abordnung, kein Vorstand nahm Notiz von seinem Ableben. Aber die Mitgliedsbeiträge haben sie bis zum bitteren Ende abgebucht. So ist das halt und deswegen mache ich auch kein Hehl draus, dass ich aus diesem Grund keineswegs dem bunten Treiben eine Tränen nachweinen oder gar böse wäre, wenn man das Heimatdomizil, dass 100jährige Amtshaus in der jetzigen Form nicht erhalten kann. Denn das ist die Auflage für den Schützenverein, wenn er weiterhin dort seine Veranstaltungen durchführen möchte. Umfangreiche Baumaßnahmen müssen getätigt werden und aus diesem Grund ruft der Schützenverein auf, Geld für die Erhaltung ihres Domizils, einem Teil Harpener Geschichte, zu spenden. Ansonsten sind sie gezwungen, sich eine neue Bleibe zu suchen, was allerdings sehr schwierig sein wird, denn kaum eine Lokalität verfügt über einen Keller zum Schießen und Musizieren und einen angeschlossen Saal. Ohne ein vergleichbares Objekt könnte für den seit 140 Jahren bestehenden BSV Harpen auch das Ende sehr nah sein.  Muss allerdings auch nicht sein, denn es ist ja auch eine Art Kulturgut und der muss auch irgendwie besonders geschützt werden. Aus der hiesigen Presse kann man zwar entnehmen, dass nicht nur die Sponsoren zur einer Art Mangelware werden, sondern auch der Nachwuchs hat kein rechtes Interesse mehr für diese Art von Freizeitgestaltung. Meine Stiefgeschwister waren damals stolz, wenn sie ihre Uniform tragen durften, sie gingen gerne zum Ostereierschießen an Karfreitag, sie freuten sich unbändig auf die Fahrt nach Fröndenberg zur Kranzniederlegung und die Fieberkurve stieg, umso näher es auf das Maiabendfest zuging. Aber ehrlich, dass ist nun auch bald 30 Jahre her und wir hatten damals noch keine Mobiltelefone, Commodore, die Computer generell und Atari steckten noch in den Kinderschuhen. Damals waren wir von morgens bis zum Abend zum Pölen auf dem Bolzplatz hinter dem Amtshaus. Und heute? Die Kinder haben Schule bis zum Nachmittag, meistens gibt es noch Hausaufgaben die locker bis zum Abendessen reichen, der Computer verlangt sein Recht, Facebook oder Computerspiele nehmen die restliche freie Zeit in Anspruch. Wer soll sich da noch für dieses angestaubte Maiabendfest, den Schützenverein und die damit verbundene Vereinsmeierei anfreunden können, wo es doch genügend andere Alternativen zur Freizeitgestaltung gibt.

Allein aus diesem Grund muss das Maiabendfest wieder so gefeiert werden, wie es noch vor 2010 gewesen ist. Vielleicht kann man dann die Jugend wieder bewegen, sich mehr einzubringen.


Übrigens: Ich bin kein Fan von dem Schützenverein und werde es auch nie werden, denn ich halte diese ganzen Vereine auch nur für so eine Art Lizenz zum Saufen und abfeiern. Aber wer Spaß daran hat, der soll mitlaufen. Allerdings gibt es auch den einen oder anderen Schützen, der bei der Bundeswehr aus Gewissensgründen verweigert hat, aber im Schützenverein stolz zur Waffe greift und einen Holzvogel abschießt. Ein Schelm, wer Böse dabei denkt.


Trotzdem mag ich das Maiabendfest mit allen drumherum. Sei es das Wecken morgens um 6:00 oder der Ein- und Ausmarsch. Es ist neben dem Dorffest einer der Höhepunkte im Veranstaltungskalender von Bad Harpen!


Hier einige Fotos von dem diesjährigen Ein- und Ausmarsch nach Harpen: